Nachruf Paula Yates


erschienen in der Süddeutschen Zeitung, 2000: Die Antiprinzessin

Zum Tod der Fernsehmoderatorin und Autorin Paula Yates

1985 besuchten Prinz Charles und Lady Diana ein Popkonzert: „Live Aid“, damals das größte Musikspektakel aller Zeiten, organisiert vom Musiker Bob Geldof zu Gunsten der Hungerhilfe in Afrika. Im Backstage-Bereich trafen sie ein anderes Pärchen, Geldof und seine Freundin Paula Yates. Die eine Blondine knickste vor der anderen. Sie unterhielten sich. Über Musik und darüber, wie wenig Ruhe man hat, als Gattin eines Stars. Und als Prinzessin. Die Moderatorin und Autorin Paula Yates ist nun im selben Licht der Öffentlichkeit wie Diana gestorben – nur wurde sie von den britischen Medien nicht als Engel, sondern zeitlebens als unmoralisches Luder diffamiert.

Paula Yates wurde 1960 in Nordwales geboren. Ihre Eltern waren Jess Yates, Moderator einer religiösen TV-Show, und die Schauspielerin Hélène Thornton. Beide hatten mehr außereheliche Affären als Talent und nur selten Zeit für ihre Tochter. Als Paula 17 war, verliebte sie sich in den Sänger einer Punkband: Bob Geldof von den Boomtown Rats. Schnell galt das wilde Pärchen als Achtziger-Jahre-Version von Mick Jagger und Marianne Faithful, oder wie Yates selber sagte: „Wir sind die UndergroundAusgabe von Charles und Diana.“

Viele Frauen, die im Dunstkreis von Popstars leben, entwerfen irgendwann Schmuck oder Badehosen. Paula Yates gelang eine unabhängige Karriere als Journalistin. Sie schrieb Bücher und moderierte die Fernsehsendungen „The Tube“ und „The Big Breakfast“. 1986, nachdem Geldof von der Queen zum Ritter geschlagen worden war, heiratete sie Sir Bob. Das Paar hatte drei Töchter, doch 1995 war die Ehe am Ende. Der neue war auch Sänger und hatte wie Geldof lange keinen großen Hit mehr gehabt: Michael Hutchence von der Gruppe INXS. 1996 ließen sich Bob und Paula scheiden. Öffentlich. Laut und schmutzig. 1997 wurde Hutchence tot in einem Hotelzimmer in Sydney gefunden. Er hatte sich an der Türklinke erhängt. Sie wollte nicht an Selbstmord glauben. Ein Jahr später versuchte sie selbst, sich bei einem Aufenthalt in der Psychiatrie zu erhängen.

Paula Yates hat vierzehn Bücher geschrieben, das netteste über den Alltag auf dem Land („Dorfträume“), das gemeinste über ihre Kindheit („Growing Up“). Doch auch ihr Leben als Erwachsene war alles andere als friedlich: die Scheidung, der Sorgerechtsstreit, der Selbstmord des Geliebten. Vor einem Jahr hatte sie einen Autorenvertrag bei einem Magazin unterschrieben und wollte ihr Leben ordnen. Doch ein Mensch, dem nur die Höhen und Tiefen vertraut sind, kann nirgendwo ausruhen, egal wie müde er sich auch fühlt, er hat es ja nie gelernt. Am Sonntag fand die vierjährige Tiger Lily ihre Mutter tot im Bett. Paula Yates ist 40 Jahre alt geworden.